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Globaler Marktausblick

Leitzinshoch vermutlich Signal für Aktienerholung

Unser Basisszenario sieht eine Umkehr zu nachhaltigen Kursanstiegen bei Aktien in der zweiten Jahreshälfte 2023 vor, dies hängt jedoch davon ab, wann der US-Zinsstraffungszyklus seinen Höhepunkt erreichen wird.

EMEA Head of Investment Strategy & Research

Nach einem volatilen Jahr 2022, in dem viele Aktienmärkte zeitweise um 25 % oder mehr eingebrochen sind, warten Aktienanleger nervös auf Anzeichen einer bevorstehenden, breiten Markterholung. Obwohl wir davon ausgehen, dass sich Aktien 2023 nachhaltig zu erholen beginnen, sind wir auch der Meinung, dass der Schmerz, den Aktienanleger gerade spüren, unter Umständen erst ab Mitte des Jahres nachlässt. Der genaue Zeitpunkt einer Erholung hängt von den Maßnahmen der Zentralbanker ab.

Aktuell sind wir in Aktien untergewichtet. Dieses vorangeschickt, erkennen wir bei ihrem derzeitigen Niveau nicht viel Abwärtspotenzial an den Aktienmärkten, denn die schlechten Nachrichten sind unserer Ansicht nach bereits größtenteils eingepreist. Unser Basisszenario sieht den Zeitpunkt für eine Umkehr zu nachhaltigen Kursanstiegen bei Aktien in der zweiten Jahreshälfte 2023, dies hängt jedoch davon ab, wann der US-Zinsstraffungszyklus seinen Höhepunkt erreichen wird. Positiv wäre, wenn die Inflation schneller als von den Zentralbanken erwartet deutlich gesenkt werden kann, denn dann wäre das Leitzinshoch (und der Zeitpunkt einer Zinswende) schon früher erreicht. Alternative wäre es jedoch bedenklicher, wenn das Zinshoch schon früher erreicht wird, weil das Beschäftigungs- oder das Wirtschaftswachstum durch die Zentralbankmaßnahmen ernsthaften Schaden genommen hat.

Vor diesem Hintergrund gilt unser Hauptaugenmerk Qualitätsaktien, die im historischen Vergleich immer noch relativ günstig sind (siehe Abb. 1). Hier schauen wir uns nach Unternehmen mit stabilen Gewinnen und starken Geschäftsmodellen um,  d. h. solche, die widerstandsfähig genug sind, um Preisanstiege an Kunden weiterreichen zu können. Da die langfristigen Zinsen aller Wahrscheinlichkeit nicht auf null oder in den negativen Bereich wie in den letzten Jahren zurückkehren werden, suchen wir auch nach Unternehmen, die steigende Zinsen verkraften und mit weniger Liquidität als in der Vergangenheit gut auskommen können. Momentan befinden sich die Firmen, die diese Kriterien erfüllen, vorwiegend an den US-Aktienmärkten.

Figure 1: MSCI World Quality Factor Book/Price Spread Versus Long-Term Average (10 year)

standard deviation

Quelle: MSCI, FactSet, State Street Global Advisors – Stand 30. September 2022.

Angesichts der durch die fallenden Märkte verursachten Extreme bei den aktuellen Bewertungen sind wir zudem der Ansicht, dass Value-Aktien voraussichtlich die Nase vorn haben werden, sobald die Zinswende kommt. Wenn sich die Inflation und die Realrenditen stabilisieren, werden wir Aktien außerhalb der USA – vor allem europäische Aktien – kaufen, die derzeit eine stärkere Value-Ausrichtung aufweisen. Mit Blick auf 2024 und danach sind wir zuversichtlich, dass Anlagen in europäischen Aktien durch eine Lösung der Energieprobleme und eine bessere Stimmung gestützt werden. Die Aussichten für Großbritannien werden sich allerdings nur verbessern, wenn gegen die Brexit-Nachwehen eine stabile Regierungs- und Wirtschaftspolitik eingesetzt wird, die den Arbeitsmarkt stabilisiert.

In den Schwellenländern achten wir weiterhin auf Anzeichen aus China, die darauf hindeuten, dass Aktienanleger dort stabile und klare Chancen finden. Die aktuelle Schwäche der chinesischen Währung und der starke US-Dollar begrenzen Anlagechancen bei Schwellenländeraktien.

Das Umfeld für Aktienanlagen spiegelt eine komplexe Welt wider, sodass wir auch ganz genau auf einschlägige Ereignisse achten. Eine Lösung für den Russland-Ukraine-Krieg, der Druck auf die Energiepreise verursacht und die europäischen Märkte belastet, wäre ebenso ein starker positiver Impuls für die Aktienmärkte wie deutliche konstruktive Konjunktursignale aus China. Während wir dies hier schreiben, können wir beides nicht erkennen.

Abschließende Überlegungen

Für Aktienanleger herrschen schwierige Zeiten, aber Herausforderungen bergen immer auch Chancen. Anleger sollten sich auf eine Marktumkehr im Verlauf von 2023 vorbereiten. Bis dahin empfehlen wir, der ungewohnt hohen Volatilität mit einer dynamischen Portfoliostrukturierung und/oder Ansätzen zu begegnen, die Volatilitätssteuerungs- und defensive Aktienstrategien enthalten. In Zeiten höherer Renditen belastet eine hohe Kasse nicht mehr das Portfolio, sondern bietet dem Investor Absicherung an, um die Aktienallokation zu einem besseren Zeitpunkt zu erhöhen.

Qualitätsaktien werden unserer Ansicht nach nicht nur auf kurze Sicht besser als der Gesamtmarkt abschneiden, sondern auch dann, wenn ein Zinshoch einen Wendepunkt für Aktien signalisiert. Die schwer angeschlagenen Aktienbewertungen legen nahe, dass auch Value-Aktien vor allem in Europa die Nase vorn haben werden, wenn die Stimmung sich hebt.

Wir behalten zahlreiche Faktoren der Aktienperformance im Blick und hoffen im Verlauf von 2023 auf eine Risk-on-Positionierung umsteigen zu können. Geduld ist eine Tugend, die von den Märkten belohnt wird.

So kann’s gehen:

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